Beispiele aus der Praxis
Kantonsschule Menzingen, Seminarstrasse 12, Menzingen
Restaurierung, Umbau und Erweiterung eines bedeutenden Nachkriegs-Schulbaus
Die Gesamtanlage der heutigen Kantonsschule Menzingen, erbaut zwischen 1955 und 1958 im Auftrag der Schwestern vom Heiligen Kreuz als Lehrerinnenseminar Bernarda, gehört zu den herausragenden Bauten der Nachkriegsmoderne im Kanton Zug. Das Ensemble nach Plänen der Architektengemeinschaft Hanns A. Brütsch & Alois Stadler sowie Leo Hafner & Alfons Wiederkehr besteht aus fünf Baukörpern unterschiedlicher Volumen und zwischenliegenden, verglasten Verbindungsgängen. Umspielt wird die dramaturgisch komponierte Gesamtanlage von einer äusserst qualitätsvollen Umgebungsgestaltung nach Plänen des bereits damals schweizweit bekannten Zürcher Gartenarchitekten Ernst Cramer. Er schuf differenziert gestaltete Aussenräume, welche die Architektur bis heute zu einem Gesamtkunstwerk ergänzen.
In einem mehrstufigen Planungsprozess evaluierte das kantonale Hochbauamt, wie die Gebäude des ehemaligen Seminars für die Kantonsschule umgenützt werden könnten. Dabei zeigte sich, dass es nicht möglich ist, das Raumprogramm für die Schule mit dem integralen Erhalt der gesamten Anlage zu vereinen. Der Regierungsrat entliess daher den ehemaligen Wohntrakt der Seminaristinnen und die Turnhalle aus dem Inventar und stellte gleichzeitig die anderen Teile der Anlage unter Schutz. Um den Ensemblecharakter trotz des Abbruchs von zwei Gebäuden zu schützen, definierten Bauherrschaft und Denkmalpflege im anschliessenden Architekturwettbewerb klare Rahmenbedingungen für die Volumen der Ersatzneubauten. Den Wettbewerb gewannen die Architekten Bünzli & Courvoisier aus Zürich, welche in der Folge den Umbau in den Jahren 2015 bis 2018 ausführten. Dabei setzten sie sich, in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, das Ziel, von der gut überlieferten originalen Ausstattung im Innern möglichst viel zu erhalten. Wo dies nicht möglich war, erfolgten Ergänzungen und neue Bauteile im Sinne des Baudenkmals. Ausgangspunkt für die Detailplanung waren umfangreiche Farbuntersuchungen an den Bestandsbauten, die eine reichhaltige und differenzierte bauzeitliche Farbpalette zutage brachten. Davon ausgehend entwickelten die Architekten zusammen mit der Farbgestalterin Andrea Burkhard ein Farb- und Materialkonzept, das nicht nur für die Restaurierung der geschützten Bauten galt, sondern auch auf die Neubauten übertragen wurde. Mit der gleichen rücksichtsvollen Grundhaltung ging das Büro Vogt Landschaftsarchitekten an die Pflege und teilweise Wiederherstellung der Umgebungsgestaltung von Ernst Cramer.
Fotografie: © Georg Aerni, Zürich
Kapelle St. Nikolaus, Artherstrasse, Oberwil, Zug
Restaurierung des Heiliggrabs: Bühnenarchitektur für eine Dorfkapelle
1774 erhielt die Kapelle St. Nikolaus ein vom Zuger Maler Carl Josef Speck gemaltes Kulissen-Heiliggrab. Solche aus mehreren hintereinander aufgestellten Kulissen bestehenden Heiliggräber wurden am Hohen Donnerstag aufgebaut und wandelten den Chorraum für die Zeit zwischen Karfreitag und der Osternacht zu einer Bühne mit wechselnden Bildern um: Am Karfreitag fanden die Gläubigen nach der Kreuzverehrung den im Grab liegenden Christus vor, in der Osternacht erschien er ihnen als Auferstandener. Diese Kulissenanlagen erfreuten sich im 18. Jahrhundert immer grösserer Beliebtheit. Dass eine Dorfkapelle mit einem solchen ausgestattet wurde, war jedoch eine Seltenheit.
Im Jahre 1901 wurden in Oberwil die Seitenteile von zwei Kulissen zusätzlich mit Engelsgestalten verziert. Damit diese voll zur Geltung kamen, wurde fortan jede zweite Kulisse weggelassen. Nach der jüngsten Restaurierung durch Andreas Lohri, Zug, und Gaby Müller, Horw, werden nun wieder sämtliche fünf Kulissen aufgestellt, was dem Heiliggrab sein theaterkulissenartiges Aussehen und die perspektivische Tiefenwirkung zurückgibt. Für die Vervollständigung erwies sich eine 1978 im Auftrag der Denkmalpflege erstellte Fotodokumentation des 1775 ebenfalls von Speck gemalten Heiliggrabs in Risch als sehr hilfreich. Die ergänzten Teile erhielten nur dort architektonische Elemente aufgemalt, wo deren Fehlen die perspektivische Wirkung beeinträchtigt hätte. Ansonsten wurden Ergänzungen nur farblich in das gesamte Erscheinungsbild eingebunden, sodass sie sich bei näherem Hinschauen als solche zu erkennen geben. Die 1901 aufgemalten Engel wurden belassen: Sie gehören inzwischen zur Geschichte dieses Grabes.
Barocke Kulissengräber sind allgemein zu einer Seltenheit geworden. Es ist daher eine besondere Bereicherung, dass das Heiliggrab in Oberwil aus Anlass des 400-jährigen Bestehens der heutigen Kapelle St. Nikolaus 2019 restauriert, ergänzt und an Ostern aufgestellt wurde.
Fotografie: © Katholische Kirchgemeinde Zug (Kobal Grafik, Zug).
Kirchenstrasse 1/3/5 und Kolinplatz 19, Zug
Gelungene Verbindung von Alt und Neu im «Kolingeviert»
Im November 1999 zerstörte ein Brand das Dachgeschoss des Hauses Kirchenstrasse 1. Wegen dem Brandfall musste eine Neuplanung des Grundstücks ins Auge gefasst werden. Aus einem Architekturwettbewerb 2011 ging das Projekt «Gartenhof» von Lando Rossmaier Architekten hervor, das in zurückhaltend zeitgenössischer Architektursprache auf den historischen Kontext reagiert. Ein parallel zur Planung des Neubaus entwickeltes Vorprojekt für die bestehenden Häuser Kolinplatz 19, Kirchenstrasse 3 und 5 wurde durch Röösli Architekten AG aus Zug überarbeitet, weiterentwickelt und ausgeführt.
In den drei historischen Häusern bleiben nach den jüngsten Arbeiten die verschiedenen Zeitschichten im Innen- und Aussenraum erfahrbar. Beim Haus Kolinplatz 19, dessen Anfänge ins Jahr 1461 zurückgehen, wurden die Vorfenster und die historischen Fensterläden repariert, restauriert und wieder eingesetzt. Im Innern konnten haustypische Elemente wie ein Kachelofen, Türen mit barocken Beschlägen und weitere Ausstattungselemente erhalten werden. In den oberen Geschossen des Hauses Kirchenstrasse 3 – zusammen mit dem Haus Kirchenstrasse 5 erbaut ab 1438 – wurden bei den Wohnungseingängen Schablonenmalereien, die unter jüngeren Verkleidungen zum Vorschein kamen, wieder zugänglich gemacht. Ausserdem konnten Wandverkleidungen verschiedenen Alters wiederverwendet werden. Als eine kleine Sensation galt der im Zuge der Bauuntersuchungen gemachte Fund einer figürlichen Grisaillemalerei von hervorragender Qualität aus dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts. Die hinter den Wandverkleidungen im ersten Obergeschoss gefundene Malerei stellt die sogenannte mystische Einhornjagd dar. Sie wurde im Zuge der Umbauarbeiten sorgfältig restauriert.
Insgesamt wurde bei den Häusern Kolinplatz 19, Kirchenstrasse 3 und 5 auf substanzschonende Massnahmen geachtet. Um das Haus Kirchenstrasse 5 in zwei Wohnungen einteilen zu können, wurde zum Beispiel die obere Wohnung über das brandschutztechnisch aufgerüstete Treppenhaus der Kirchenstrasse 3 erschlossen. Die Schalldichtung zwischen den Geschossen wurde durch in die Decken eingelegte Stahlplatten gelöst, die bei geringem Höhenverlust viel Masse generieren, was Voraussetzung für eine gute Schalldämmung ist.
Fotografie: © Regine Giesecke
Späteiszeitliche Knochen und ein Stosszahn – Mammutfunde aus Risch-Rotkreuz
Eine Baugrube als Fenster in die Eiszeit
Im Juli 2015 wurden bei Aushubarbeiten für den Neubau eines Bürogebäudes in Risch-Rotkreuz der linke Stosszahn und Teile der Beckenknochen eines Mammuts ausgebaggert – der erste Mammutfund im Kanton Zug seit genau 50 Jahren!
Bei der archäologischen Begleitung der weiteren Bauarbeiten konnten vier weitere grössere Knochenfragmente und eine Reihe von Knochensplittern entdeckt und geborgen werden. Die Skelettreste gehören zu einem ausgewachsenen Mammutbullen, der gegen Ende der letzten Eiszeit im Vorfeld des Reussgletschers verendet ist. Nach dem Tod des Tieres wurden die Knochen vom Schmelzwasser leicht auseinandergetrieben, in den Schmelzwasserschottern eingelagert und schliesslich von den Sedimenten des in der Späteiszeit bis nach Rotkreuz reichenden Zugersees überdeckt. Durch die dauerhafte Lagerung im Grundwasser sind die Knochen und der noch über 2 m lange, vorne allerdings modern abgebrochene Stosszahn aussergewöhnlich gut erhalten. Nach Radiokarbondatierungen der Knochen lebte das Mammut in der Zeit um 15'000 v. Chr. – damit gehört das Rotkreuzer Mammut zu den jüngsten Mammutfunden der Schweiz! Die in den Jahren 1907/1928 bzw. 1965 entdeckten Mammutskelettreste aus Baar-Blickensdorf und Cham-Oberwil datieren dagegen zwischen ca. 30'000 bis 20'000 v. Chr. Noch nicht abgeschlossen sind die naturwissenschaftlichen Analysen an den Knochenfunden sowie an Bodenproben vom Fundort – sie sollen zusätzliche Erkenntnisse zum Rotkreuzer Mammut und seiner Lebenswelt liefern.
Die obigen Darstellung kann unter https://skfb.ly/LsnA als 3D-Modell von allen Seiten betrachtet werden (benötigt wird ein moderner Browser, vgl. https://help.sketchfab.com/hc/en-us/articles/203059088-Compatibility).
Morgarten / Sattel: Prospektion im vermuteten Schlachtgelände von 1315
Aufsehenerregende Neufunde
Im Vorfeld des 700-Jahr-Jubiläums der Schlacht am Morgarten führte das Amt zusammen mit den zuständigen Schwyzer Behörden im Jahr 2015 einen zeitlich und finanziell beschränkten Prospektionseinsatz mittels Metallsuchgerät durch. Die Prospektion im Gebiet Morgarten / Sattel förderte Fundstücke aus Eisen, Bunt- und Edelmetall mit einem Gesamtgewicht von rund 80 kg zu Tage. Die geborgenen Objekte decken eine Zeitspanne von über 2000 Jahren ab.
Einige der Prospektionsfunde sind ins Spätmittelalter, das heisst in die Zeit ab der Mitte des 13. Jahrhunderts bis ca. 1500, zu datieren. Mit diesen liegen erstmalig nach wissenschaftlichen Methoden dokumentierte Funde aus dem vermuteten Schlachtgebiet vor, die zumindest teilweise aus der Zeit um 1315 stammen könnten. Bei keinem einzigen Fundstück lässt sich jedoch ein eindeutiger Bezug zur «Schlacht am Morgarten» herstellen.
Der Öffentlichkeit wurden die archäologischen Entdeckungen am Vortag des dreitätigen Volksfestes, am 18. Juni 2015, bekannt gegeben. Das mediale Echo war ausserordentlich: Die für einen Monat in Auftrag gegebene Medienbeobachtung ergab über 300 Print- und Online-Berichterstattungen aus aller Welt sowie rund 20 Fernseh- und Radiobeiträge.
Auch wenn mit der jüngsten Prospektion das Schlachtfeld von 1315 nicht lokalisiert werden konnte, stellen die Untersuchungen für die Kantone Schwyz und Zug einen relevanten Informationszuwachs für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Gebiets dar. Zudem ist sie Ausdruck einer unkomplizierten und erfolgreichen Zusammenarbeit zweier Amtsstellen über die Kantonsgrenzen hinweg.